"Der hat einfach seine Hausaufgaben nicht gemacht – oder?" sagt ein Teilnehmer bei seiner Rede während des Rhetorik-Seminars. Ein paar Sätze weiter höre ich: "...Da kommt er um die Ecke – oder?" kurze Zeit später: "...Das will doch niemand – oder?" Oder, oder, oder. Gerade in der Schweiz ist dieses, an jeden dritten Satz hintangefügte "oder" eine grassierende Unart. Ähnlich wie bei den Deutschen das "Nicht wahr?" wird durch diese Frage im Prinzip ständig die eigene Aussage Infrage gestellt. Nachdem ich den Teilnehmer bei der nächsten Rede jedes Mal unmittelbar aufmerksam mache, als ich sein wohlvertrautes "Oder" höre, wird er zwar wesentlich besser – aber schon beim Gespräch in der Nachmittagspause merke ich, dass seine Sprachmarotte damit noch lange nicht wegebracht ist.
Wenn das nur die einzige Marotte wäre, die ich bei öffentlichen Reden erlebe. Das Wort "eigentlich" gehört genauso zu diesen Füllwörtern. "In dem Raum waren eigentlich viele Leute." Zitat aus einem Vortrag im Rhetorikseminar. Meine regelmässige Zwischenfrage an der Stelle lautet: "Waren jetzt viele Leute dort, oder nur eigentlich viele?". Dann gibt es noch das Wort "Sozusagen". "Das Geschäft war sozusagen geschlossen." Es braucht dieses Füllwort nicht, im Gegenteil, es verwässert sogar jeder Ihrer Aussagen.
Warum auch bestimmte Fragen zu den Marotten zählen
Eine weitere verbreitet Rede-Unart ist die rhetorische Frage an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Es handelt sich dabei leider nicht um eine rhetorische Wirkfrage wie zum Beispiel, "Können Sie etwas dafür in Deutschland geboren zu sein?", die sich ohne erwartete Antwort wie ein Pfeil in die Herzen der Zuhörer bohrt, sondern um die schulmässige rhetorische Frage wie zum Beispiel: "Wie funktioniert nun der Ottomotor?" wo der Redner gleich drauf seine eigene Frage selbst beantwortet. So etwas verströmt unsägliche Langeweile, obwohl in verschiedenen Rhetorikbüchern zu dieser Art von rhetorischen Frage geraten wird:" Mein Schwager gibt mir die Hand, "was fragt er?" er fragt ob ich ihm beim Umzug helfen kann..." "Ich komme in den Sitzungsraum, "und was sehe ich?" - ich sehe jemanden sitzen..."; Mit solchen Fragen machen Sie Ihre Rede höchstens zu einer mittelmässigen Schulstunde.
Kommentierende Floskeln und Füllsätze töten die Spannung
Eine weitere Unart sind kommentierende Füllsätze und Floskeln während der Rede. "Das ist schief gegangen "muss man so sagen". "Mein Sohn ist dann ausgezogen, "wie das halt so geht". Zürich ist die grösste Stadt der Schweiz "Wie Sie sicher alle wissen", "Jeder kann das machen, "Wie ich schon mal gesagt habe" "Ich komme aus Rapperswil, "kennt das jemand?" Solche Floskeln wirken hilflos und bringen die Prägnanz Ihrer Rede völlig zum Erliegen.
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Diese nonverbalen Ticks hat fast jeder
Neben Sprachmarotten gibt aber auch noch nonverbale Ticks und Eigenarten, die Ihre Redewirkung verwässert. Fast jeder meiner Teilnehmer im Rhetorikseminar hat solche unerkannte Ticks. Der eine trippelt immer hin und her, der andere stellt sein Bein immer seitwärts, der nächste verliert sich in Endloserklärungen, der nächste redet zu schnell, ein anderer schaut immer wieder zur Decke beim Reden, wieder ein anderer lächelt ständig…
Ja, auch Sie lieber Leser haben solche Ticks und Marotten, denen Sie sich wahrscheinlich nicht bewusst sind.
Um eine Sprach- oder Körpersprache-Marotte wegzubekommen, braucht es länger, als es den meisten lieb ist. Eins ist sicher: Die Marotten dem Redner nur zu nennen, hilft nicht.
Wie kann man Sprachmarotten wegbekommen und sich abgewöhnen
Hier eine hochwirksame Methode, wie Sie Ihre Füllwörter, Marotten und Ticks eliminieren können: Nehmen wir an, Sie sagen ständig das Wort "eigentlich". So klingt das dann bei der Rede: "Das macht in unserer Firma eigentlich der Chef". Das „eigentlich“ verwässert ihre Aussage. Das ist eine Marotte, die sehr viele ihr Eigen nennen.
So bekommen Sie sie weg: Sie sagen einem Menschen Ihres Vertrauen, dass er ab heute Geld nebenher verdienen kann. Alles was er tun muss ist, Sie optisch oder akustisch in dem Moment aufmerksam zu machen, wo er Sie bei einer solchen Sprach-Marotte erwischt. Sie vereinbaren z.B. dass der andere sich hinters Ohr streicht, oder mit dem Fingernagel kurz auf dem Tisch tippt.
Für jedes Tippen macht er einen Strich und für jeden Strich zahlen Sie ihm am Abend 3.- Euro. Wichtig ist, dass er Sie unmittelbar beim Reden darauf aufmerksam macht und nicht erst danach.
Warum muss sofort auf die Marotte aufmerksam gemacht werden
Die Unmittelbarkeit ist der Kern. Ihr Hirn bekommt das Signal sofort – und wie ein Hund, lernen Sie am meisten, wenn Sie sofort auf den Fehler aufmerksam gemacht werden. Denn Sie werden dadurch, wie der Pawlowsche Hund, konditioniert. Ihr Hirn lernt sehr schnell, weil der Schmerz (die 3.- €) gleich mit dem Tippen verlinkt wird.
Fazit
Marotten und Ticks bekommt man weg, indem man sie Erstens kennt (dazu braucht es meist einen erfahren Rhetoriktrainer) und Zweitens jemand dafür belohnt, Sie jedesmal darauf aufmerksam zu machen, während Sie reden. Ich schätze mal, mit maximal 200.- € sind Sie Ihre Marotte dauerhaft los.
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